Per Fahrrad entlang der Oder von der Quelle bis zur Neißemündung
Der Oder-Neiße-Radweg ist einer der beliebtesten Fernwege für Radwanderer. Für die Oder als Fluss durch Tschechien und Polen (tschechisch, polnisch: Odra) selbst, wenn sie nicht als Grenzfluss zwischen Deutschland und Polen dient, interessiert sich offenbar kaum jemand. Wir sind dem Lauf von der Quelle bei Olomouc in Mähren (Morava) in Tschechien, quer durch Polen als „Schlesische Oder“ (śląski odry) bis zum Zusammenfluss von Oder und Neisse an der deutsch-polnischen Grenze bei Ratzdorf gefolgt und haben kaum Radwanderer gesehen. Aus unserer Sicht wird dem Fluss und den Orten ringsumher noch nicht die gebührende Aufmerksamkeit zuteil. Daher haben wir eine Wegbeschreibung und GPS-Track als gpx bereitgestellt. Vielen Dank an Frank-Uwe und jafabi, die die Route bereits komplett oder in Teilstrecken als GPS-Track zur Verfügung gestellt haben.
Allgemeine Informationen
Man muss sich klar sein, dass es keine allumfassende Wegbeschilderung entlang der Strecke gibt. In Tschechien sind die Radrouten deutlich besser gekennzeichnet. Ansätze für Radwege sind in beiden Ländern vorhanden. Folgt man den Radwegsymbolen, in Polen meist als Fahrrad mit blauem Strich als Slask Odry (Schlesische Oder), lässt man sich teilweise auf Nebenstrassen mit etwas weniger Verkehr oder auf Pisten, die zuweilen mit Gepäck kaum befahrbar sind, führen. Kurze Strecken müsssen auch mal auf stark frequentierten Strassen bewältigt werden. Es gibt genug Straßen, um auch unwegsames Gelände zu umfahren. Besonders bei der Fahrt durch Auwälder gibt es Strecken mit stehenden Pfützen. In niederschlagsreicher Zeit ist die Wahl der Landstraße dann möglicherweise die bessere Alternative. In Niederschlesien, etwa ab Höhe Brzeg Dolny, muss man vermehrt mit Sandboden rechnen, der das Fahren auf Pisten nochmals erschwert.
Ständig findet man Spuren deutscher Besiedlung, oft als verfallende Gehöfte, aber auch als, selten noch genutze, Herrenhäuser oder Schlösser.
Die Straßen selbst sind in gutem Zustand. Neu errichtete Straßen sind oft sehr großzügig mit Radweg angelegt. Auch in Zusammenhang mit Polens EU-Beitritt passiert unheimlich viel im Land in Sachen Infrastruktur. Die früher allgegenwärtigen kleinen Lebensmitteläden sind zwar noch vorhanden, werden, das ist schon sichtbar, von größeren Märkten verdrängt. Bisher haben wir uns noch fast in jedem Ort versorgen können. Man sieht viele neue Häuser, leider oft wieder im Überflutungsgebiet der Oder. Das Preisniveau ist gegenüber Deutschland niedrig, in Tschechien noch niedriger als in Polen. Autofahrer sind uns meist respektvoll begegnet. Zumindest rauscht niemand mit hundertzwanzig Sachen an einem vorbei.
Von den in früheren Zeiten vielbeschworenen Diebstählen ist aus unserer Sicht nichts zu spüren. Wir haben unsere Räder entweder ordentlich angeschlossen oder in den Unterkünften in extra Räumen, auch mal im Zimmer untergebracht.
Man kommt beim Sprechen oft mit deutsch weiter, kann sich aber nicht darauf verlassen. Auch englisch geht nicht immer. Wie immer im Gastland macht es Sinn, ein paar Brocken der üblichen Floskeln in der Landessprache zu benutzen. Das bewirkt zwar oft ein Schmunzeln, macht aber einen guten Eindruck
http://www.weltreisewortschatz.de/polnisch/
http://www.weltreisewortschatz.de/tschechisch/.
Kartenmaterial
Wir nutzen für´s Navi die Openstreetmap-Karten. Polen und Tschechien sind sehr gut kartografiert. Nach wie vor macht es für uns Sinn, auch „analoge“, gedruckte Karten dabei zu haben und diese im voraus zu besorgen. Es ist nicht leicht, unterwegs Karten zu bekommen. Der Versand ist fast teurer als das günstige Kartenmaterial. Gelegentlich bekommt man kostenlose Touristenkarten. Eine Empfehlung zum Einkauf vor Ort wäre der Kartenladen Księgarnia Podróżnika in der ul. Wita Stwosza 19/20 in Wrocław.
Für die tschechische Republik benutzten wir die Karten von Shocart, die man direkt übers Internet bestellen kann:
Für Polen fanden wir die Serie von Galileos hilfreich (auch bestellbar):
- Bereich Ostrava-Bierawa: Powiat Raciborski dla aktywnych
- Bereich Raziborz-Olawa: Województwo opolskie dla aktywnych
- Bereich Wrocław: Okolice Wrocławia dla Aktywnych
- Bereich Wrozlaw-Glogow: Dolina Odry – Kraina Łęgów Odrzańskich – mapa turystyczna
- Bereich Glogow-Zielona Gora: POJEZIERZE SŁAWSKIE – mapa turystyczna OD LESZNA DO ZIELONEJ GÓRY
Für den Rest haben wir Karten von anderen Verlagen gefunden:
z.B. Atlas Rowerowy Woj. Lubuskiego
Etappen
Von Olomouc zur Quelle bei Odry (65km):
Olomouc ist eine mittelgroße Universitätsstadt an der Grenze zur Slowakei. Weitgehend unbekannt, finden sich hier historische Gebäude, Museen und zahlreiche Kneipen. Gut, dass der Ort im letzten Krieg verschont geblieben ist. Geht man durch die Stadt, kann es vorkommen, dass von irgendwo her Klaviermusik ertönt. Folgt man dem Klang, findet sich unter Arkaden ein altes Instrument, was für jedermann zum Spielen einlädt. Unsere Empfehlungen für die Stadt: Übernachtung im Hostel Poets Corner, Essen in der Brauereikneipe Svatova Clavsk Pivovar in der Marianska und Kunst im Museum of Modern Art.
Von Olomouc führt der Radweg Nr. 5 östlich aus der Stadt heraus. Dieser ist ein Teil des Fernradweges Krakow-Wien (Greenway). Wir folgen dem Weg erst einmal bis Velka Bystrice am Fluss Bystrice. Danach halten wir uns an die Ausschilderung des Radweges 6265. Nach V. B. queren wir 2x die Autobahn und begeben uns auf die Landstrasse 441 Richtung Odry. Die Hoffnung auf wenig Verkehr wird getrübt durch die LKWs, die die Straße offensichtlich als Ausweichstrecke nutzen. Der parallel zur Straße führende Radweg ist für Radwanderer ungeeignet. Der Weg beginnt mit moderaten, endet bis Koslov mit starker Steigung. Hier führen Wegweiser zur Quelle (Pramen Odry). Gestoppt wird man an einer Schranke, da das Gelände militärisches Übungsgebiet ist. Ignoriert man dies, ist man nach einem knappen Kilometer an der Quelle, wo das Militär irgendwann mal eine kleine Schutzhütte um die im Boden eingelassene Quelle gebaut hat. Das brackige Wasser in der Quelle mit dem sumpfigen Untergrund ringsum ist also der Ursprung dieses bedeutenden Flusses.
Zurück in Koslov, kann man sich auf eine lange Abfahrt freuen, die am Beginn einer weiteren soliden Steigung hinter Postat endet. Ist diese geschafft, fährt man einige Zeit auf einer Hochebene. Wir verlassen die stark befahrene 441 nach links nach Lubomir. Die kleinen Orte haben alle Möglichkeiten zur Auffrischung der Nahrungsvorräte. In Spalov biegen wir nach links ab (keine Ausschilderung) und gelangen auf eine, dem freien Fall ähnelnde, Abfahrtsstrecke. Hier möchten wir das Rad nicht hinaufschieben müssen. Wir gelangen im Tal nach Spalovsky Mlyn, einem Erholungsgebiet mit ehemaligem Ferienlager und Campingplatz. Ab hier wird offensichtlich von der EU ein Oderradweg geplant. Bis dieser fertig ist, folgen wir der Strasse, die mäandernde Oder im Blick, entlang des Radweges 503 bis Odry. Eine Bahnlinie macht den Einstieg in die Tour, beispielsweise in Hermanky hier möglich. Die Gegend nennt sich Mikroregion Odersko.
Odry verfügt über ein Hotel (Dělnický dům v Odrách), das Haus der Arbeiter. In früheren Zeiten stand hier das Arbeiterheim. Der Ort hat einen Markt mit einigen Restaurants, einen Park, in dem im Sommer Veranstaltungen stattfinden und, darauf scheint man besonders stolz zu sein, ein barrierefreies WC. Die Ausschilderung dahin findet man übergroß auf jedem Flyer und an Schildern in der Stadt.
Von Odry nach Olza (80km + 55km)
Wir folgen wieder dem Greenway Krakow-Wien als quasi Oderradweg. Wir fahren über Nebenstraßen mit kurzen, prägnanten Steigungen immer in einigem Abstand parallel rechtsseitig zur Oder. Zu sehen sind hier kleine Orte mit einigen Schlössern, wie in Nová Horka. Die Weiterfahrt durch Auwälder macht die Strecke zudem interessant. Wir haben, kurzzeitig entgegen der Route 5, unsere Fahrt über Jesenik, Suchdol, Bernatice fortgesetzt. Am Anfang der Region Ostrava lässt es sich gut anhand der Radwege zu den Stadtteilen orientieren. Wir verlassen wieder kurz den Radweg und fahren idyllisch zwischen Fischteichen entlang. Man kann durch Ostrava weitgend an der Oder entlang fahren. Wir selbst haben nur einen kurzen Abstecher in die Stadt gemacht. Da wir deutliche Schwierigkeiten hatten, einen sehenswerten Stadtkern zu finden, beließen wir es bei einem kurzen Stopp. Aus Ostrava heraus folgen wir dem Radweg entlang des Flusses Ostravice, weiter an der Oder bis Bohumin, dem Grenzort zu Polen. Auf dem kleinen Markt von Stary Bohumin kann man seine letzten Kronen in Kaffee oder Getränke umwandeln, bevor es gleich dahinter über die Grenzbrücke nach Polen geht.
Auf polnischer Seite orientieren wir uns am Radweg 4 bis Olza. Danach führt die Beschilderung an der Oder linksseitig als 9, rechtsseitig als 9a weiter. In Kryzanowie verwirrt die Beschilderung. Wir bleiben weiter auf der Landstrasse. In Tworcie lässt sich eine Schlossruine besichtigen. Racibórz (Ratibor) kann man über einen neu gebauten Radweg auf einem Damm umfahren. Dann jedoch wird man das Schloss, das wohl letzte erhaltene Schloss der schlesischen Herrscher mit Museum, nicht besichtigen können. Die weitere Ausschilderung erfolgt über kleine, teilweise unbefestigte Wege bis Łubowice (Lubowitz). Dieser Ort ist sofern interessant, da von hier der Heimatdichter Eichendorff stammt. Mit Eichendorff-Zentrum, -Museum und -Friedhof, begleitet von Gedichten am Wegesrand, wird dem Dichter die entsprechende Anerkennung zuerkannt. Erstmals fiel uns hier, neben der polnischen, die deutsche Ortsbezeichnung an den Ortsschildern auf.
Wir machten einen Abstecher nach Dziergowice zum Camping. Das Campingplatzsymbol auf einigen Karten führte nur zu einer Badestelle. Ein Tipp führte uns zu Nasz Dworek am Ortsausgang nach Norden. Hier durften wir unser Zelt neben Restaurant und Hotel aufstellen. Sehr nett.
Nach Opole (ca. 70km)
Auf kleinen Strassen mit wenig wenig Verkehr lotsen wir uns bis Koźle, fahren kurz auf einer Hauptstrasse, um dann auf einem Radweg in die Stadt zu kommen. Der Ort hat einen kleinen Markt, sonst nur ein nicht genutztes Schloss zu bieten. Infotafeln in der Stadt auf deutsch machen den Ort erfahrbar. Später geht es auf Nebenstrecken, teilweise Pisten, weiter bis zur Fernverkehrsstrasse 45. Wegen des hohen Verkehrssaufkommens wechselten wir über die Fähre bei Zdieszowice die Oderseite und fahren auf der Strasse 423 weiter bis Opole (Oppeln). Nach kurzer Irrfahrt auf schlecht beschilderten Feldwegen blieben wir auf der 423 und fuhren wegen der ungünstigen Wetterlage direkt weiter bis Opole. Vor Opole sind immer mal Radwege auf kurzen Strecken und auf Fußwegen entstanden, die am Ende nur Bremsen. Erst im Zentrum sind Hinweise auf einen Radweg entlang der Oder zu finden.
Opole:
Die Stadt ist unbedingt sehenswert. Kirchen, Marktplatz, alte, ursprüngliche Gassen in der Altstadt; 3 Hotels gleich nebenan am Ende der Oderinsel in Fliessrichtung. Tipp: An einem Sommerabend im Restaurant Piramida für wenig Geld gut essen und den Wasserspielen mit Musik um 21:00 Uhr auf dem Teich Staw Zamkowie auf der Oderinsel zusehen; Internetterminal an Touristinfo am Markt
Opole-Brzeg (55km)
Aus Opole heraus geht es entlang der Strasse 454, dann über eine neue Brücke Richtung Westen. Die Zufahrt durch die Strassenkreuzungen ist nicht leicht zu finden. Nach Ende der Brücke geht es zurück zur Oder. Irgendwann sieht man auch wieder eine Ausschilderung. Der Weg führt teilweise auf Nebenstrassen, teilweise auf Pisten. Wir haben die offizielle Ausschilderung in Niewodniki nicht gefunden, daher einen Abstecher zur Oder gemacht. Die Nutzung der Landstrasse wäre sicher die bessere Alternative gewesen. Der Weg führt zwangsläufig über Chroscina, da der Fluss Nysa Kłodzka umfahren werden muss. Danach weiter ein Stück auf der viel befahrenen Landstrasse 94 bis Abfahrt Wronów. Im weiteren Verlauf auf dem ausgeschilderten Radweg geht es gemütlich auf kleinen Straßen und Pisten weiter. Sehenswert auf dieser Strecke sind das Schloss in Wronów, die Schleuse in Zwanowice, eine alte ungenutzte Brücke in Stahlkonstruktion bei Pawlow. Bis Brzeg führt der Weg weiter nahe der Oder.
Brzeg:
Die in die Jahre gekommene, ehemals offensichtlich ehrwürdige Stadt ist kaum ein touristisches Ziel. Sie scheint vernachlassigt, teilweise erschreckend verkommen. Hotel vorhanden, Campingplatz bei Lubsza.
Brzeg-Wrozław (55km)
Der Radweg ist auf linker Oderseite ausgeschildert und führt auf ruhiger Nebenstraße bis Lipki, dann ein Stück auf Feldwegen bis Oława.
Oława:
Die Stadt erscheint wesentlich aufgeräumter und sauberer als Brzeg, allerdings ohne besondere Sehenswürdigkeiten.
Nach Oława geht es weiter parallel zur Oder durch nette, kleine Doerfer. In Kotowice zweigt der Weg nach Abbiegung der Hauptstrasse links an der zweiten Kreuzung nach rechts ab und führt dann durch Auwald auf teilweise unebenen Gelände und bei uns durch Strecken tiefer Pfützen. Besser wäre hier die Alternative über die Strasse 94 gewesen. In die Stadt Wrozław führt der von uns gewählte Weg über die neu gebaute Brücke (2013 fertiggestellt) über die Oder zur Straße 455 in Richtung Stadt bis zum Campingplatz am Olympiastadion. Wer direkt in die Stadt möchte, braucht diesen Umweg nicht zu nehmen. Am Campingplatz gibt es eine kleine Kneipe, an der man auch noch zu später Stunde etwas zu essen bekommt. Vom Campingplatz aus fährt eine Strassenbahn in die Stadt. Öffentliche Verkehrsmittel werden im Fahrzeug mit Kreditkarte gekauft, dann entwertet. Automaten können deutsch.
Wrozław (Breslau):
Die Stadt ist touristisch voll erschlossen und weitgehend saniert. Es gibt jede Menge Sehenswürdigkeiten, Gastronomie am Markt in der Altstadt und in den umliegenden Straßen. Man kann sich in Elektrofahrzeugen oder per Schiff durch die Stadt führen lassen. Gern weisen die Stadtführer auf die an vielen Orten positionierten Zwerge hin, die auf bestimmte Zünfte oder Orte hinweisen. Tipp: Wasserspiele mit Musik an der Jahrhunderthalle um 21 und 22 Uhr (Fontana Multimedialna), Markthalle mit dem typisch buntem Treiben, Kartenladen in der Księgarnia Podróżnika in der ul. Wita Stwosza. Wer noch Kartenmaterial benötigt, kann sich hier umfassend eindecken.
Stadtinformation am Markt in der Altstadt.
Wrozław-Wołow (50km)
Unser kleiner Abstecher führt ein wenig abseits der Hauptrichtung. In Wrozław haben wir keinerlei Radwegausschilderung gefunden. Wir sind mit Navi gut aus Wrozław heraus gekommen. Radwege sind teilweise vorhanden, wechseln aber auch gern mal die Seite. Auf der Straße ist man sicherlich schneller. Oderabwärts ist uns am Ortsausgang der Radwegbau auf dem Oderdamm aufgefallen. Hier wird sicher in den nächsten Jahren noch viel passieren. Wir folgen der Strasse 336, dann entsprechend dem Radwegweiser nach Leśnica, der Landstrasse ueber Brzezina, Prezyce, Głoska. Der Weg führt teilweise durch Wald und ist interessant, sind dort viele Herrenhäuser und Schlösser zu entdecken. Nach Brzeg Dolny führt leider keine Fähre mehr direkt in die Stadt. Man muss die Oder über die neu gebaute Brücke mit Luxusradweg nehmen. Hier war offensichtlich Geld übrig. Man bekommt in großen Lettern Luft- und Fahrbahntemperatur angezeigt.
Erstmals wird es wieder hügelig auf der Landstrasse nach Wołow.
Brzeg-Dolny:
Hübscher Ort mit aufgeräumter Altstadt, Lebensmittelgeschaft und Restaurant, Supermarkt Richtung Wołow.
Wołow:
Nette Kreisstadt mit teilweise vorhandener alter Bausubstanz, Resten der Stadtmauer, einigen Restaurants und Hotels. Bekannt wurde die Stadt als Geburtsstadt des ersten polnischen Kosmonauten oder als erste Stadt in Polen, die den Alkoholkonsum reglementierte.
Wołow-Lubiąż-Ścinawa (40km)
Heraus aus Wołow führt unser Weg in Richtung Lubiąż auf der Landstrasse bis Krzydlina Mała, ein Stück auf frisch bitumiertem Weg, der dann durch eine zugewachsene, teilweise sandige, kaum zu befahrene Allee führt. Belohnt wird die Strapaze möglicherweise mit Äpfeln, Pflaumen oder Brombeeren, die entlang des Weges wachsen. Diese Strecke kann kaum als Empfehlung dienen, also bitte Landstraße nehmen.
Lubiąż:
Kleinstadt mit mit einigen Geschäften und Krankenhaus. Das besondere am Ort ist das Kloster Lubiąż (Leubus). Hierher wurden schon im Mittellalter Mönche aus Thüringen verschickt, die mit dem Bau des Klosters begannen. Die Größe erschlägt einen beim Anblick. Es soll der welt-zweitgrößte Sakralbau sein. Nach der Säkularisierung wurde der Ort unterschiedlich genutzt, bespielsweise als Behinderteneinrichtung, Lazarett oder Sanatorium, Umsiedlerunterkunft mit entsprechendem Verlust bzw. anderweitiger Verwendung der Kulturgüter. Heute sind wenige hergerichtete prunkvolle Säle und viel brachliegende Struktur zu sehen, erschreckend leer die Klosterkirche. Interessant sind Ausstellungen, die den Fokus auf die Geschichte vor und nach 1945, besonders auch auf deutsche Geschichte legen, wie auch über die Orte an der Oder, die man als Oderradweg-Befahrer noch sehen könnte. Führungen sind Pflicht und werden in polnischer Sprache abgehalten. Die Zukunft des Areals sieht man als kombinierte Nutzung als Hotel, Konferenzort mit Spa. Bis dahin werden auf dem Gelände auch gern mal vergangene Schlachten mit Hobbymilitaristen dargestellt. Auf dem Klostergelände befindet sich noch eine Touristinfo. Dort bekommt man von einem engagierten Mitarbeiter eine detaillierte Radwanderkarte, die bis Głogow führt.
Der nur mit Symbol ausgeschilderte Radweg nur 9 führt für uns rechts der Oder entlang. Bis Domaszków geht es schleppend auf Sandpisten durch Auwald voran. Ab Domaszków gibt es eine breite Sandpiste nach Tarchaliste. Hier wird offensichtlich an einer neuen Straße gebaut. Ab Tarchaliste geht es wieder auf ruhigen Nebenstrassen weiter.
Ścinawa:
Die Stadt hat direkt am kleinen Sporthafen einen Biwakplatz. Den Schlüssel zu Dusche und Toilette gibt es im „Centrum Turistiki i Kulturi“ in Nähe des Rathauses. Wenn man den Weg bis dorthin auf sich genommen hat, kann man auch gleich in den Zimmern des Hauses für einen praktisch symbolischen Preis übernachten. Telefon 668 435 466. Frühstück macht man sich selbst und geht ins Restaurant am Markt. Ansonsten bietet die Stadt um Markt und Rathaus herum Reste der Stadtmauer, einige Geschäfte und einen Panzer.
Ścinawa-Głogow (55km)
Der Weg führt links der Oder Richtung Norden oberhalb Ścinawas auf einen Pfad, der, wie so oft, mit einer Bitumendecke beginnt und praktisch im Nirvana endet. Wir konnten uns teilweise nur an Hand der vorgezeichneten Navi-Route orientierten. Allerdings taucht das Radwegsymbol immer mal wieder auf. Besser ist hier die Wahl der Landstraße, deren Verlauf auch wir weiter gefolgt sind. Zwischen Orsk und Trzesow nahmen wir die die rote Radwegroute auf einem Waldweg. Der Sandboden macht allerdings Rad und Fahrer schwer zu schaffen, so dass hinterher die Pflege beider nötig war. Weiter geht es über Leszkowice parallel zur Oder. Vor Głogow bleibt nur der Weg auf viel befahrener Strasse in die Stadt entlang von stillgelegten Industriebetrieben.
Głogow:
Nach der Anfahrt erwarteten wir wieder eine von Industrie geprägte Stadt. Der Anblick der Altstadt ließ uns erstaunen. Eine Kirche steht als monumentales Mahnmal halb zertört nahe der Ruine des Theaters. Ringsum sind zwar neue, aber den alten Häusern nachempfundene Häuser errichtet. Um das Rathaus herum ziehen sich Kneipe an Kneipe. Die Altstadt soll sehr lange nicht wiederaufgebaut worden sein und wurde dann systematisch neu errichtet (Wikipedia). Sehenswert auch die pinkfarbene Brücke über die Oder. In Altstadtnähe am Kreisel befindet sich das unübersehbare Hotel Qubus. Die Preise schienen uns für polnische Verhältnisse zu hoch. Wir kamen im Hotel Interferie in der ul. Wojska Polskiego 9 für den halben Preis unter, einem typisch polnischen Hotel mit dem Charm des Ostens. Touristinfo hinter dem Rathaus.
Głogow-Zielona Gora (70km)
Wir haben in Głogow und aus dem Ort heraus keine Radwegweiser entdeckt. Auf der gesamten Etappe tauchen geegentlich die Radwegsymbole an Bäumen auf. Hinweise auf kleinere, lokale Rundwege kommen vor. Aus Głogow heraus folgen wir westwärts der Straße 292 bei viel Verkehr und teilweise auf Radwegen. Wir biegen am Abzweig nach Domaniowice nach links ab und folgen parallel zur 292 der ruhigen Straße immer leicht bergauf. Auf Talfahrt geht es dann nach Bytom Odrzański.
Bytom Odrzański:
Die Stadt besitzt einen großen, recht lebhaften Marktplatz mit Skulptur des gestiefelten Katers und am Rand eine verwahrloste Kirche. Der Mini-Sporthafen mit Personenfähre (fährt nicht ganztags) ist sehenswert. Ein ursprünglicher Brückenkopf wurde verlängert und dient als Pronenade. Eine Brücke existiert nicht.
Weiter geht es auf der Straße 292, dann nach rechts dem Abzweig nach Tarnów Bycki folgend. Ein kleiner Umweg durch den Wald verkürzt die extrem sandige Piste, an der bis Kielsch einige Schiebestellen und eine wacklige Brücke zu überwinden sind. Danach geht es auf Landstraßen nach Nowa Sól.
Nowa Sól:
Im Ort ist kein eigentliches Stadtzentrum auszumachen. Es gibt zahlreiche Geschäfte und wenige verkehrsberuhigte Abschnitte. Interessant ist der etwas größere Sporthafen mit angrenzender Werft, sowie die etwas außergewöhnliche Fußgängerbrücke.
Der Weg führt auf der Straße 3 bis Odyn, dem Abzweig nach Konradowo folgend auf sehr ruhiger Straße, in Ługi nach rechts, an der nächsten Kreuzung geradeaus dem gut befahrbaren Waldweg folgend bis Sucha. Hier folgen wir den Außenbezirken bei leichten Steigungen und viel Verkehr, teilweise auf kombinierten Fuß- und Radwegen, ins Zentrum von Zielona Góra.
Zielona Góra:
Altstadt mit weitreichender Fußgängerzone mit einigen touristischen Attraktionen, Galerien, Wein- und Foltermuseum. Touristinfo am Rathaus mit deutschsprachigen Prospekten und u.a. Stadtplan von Cottbus. Es gibt einige Hotels. Wir haben uns für das günstige, ruhig am nordöstlichen Stadtrand gelegene Hotel Lesny entschieden. Außer Frühstück und Bier an der Rezeption gibts dort allerdings nix.
Campingempfehlung der Touristinfo: Wosir Drzonkow, Olimpijska 20, 66-004 Drzonków, http://drzonkow.pl
Zielona Góra-Jezioro Borak (75km)
Die praktisch letzte Etappe führt uns aus Zielona Góra nördlich auf der stark befahrenen Straße 281, im Stadtgebiet auf Radwegen an der Straße heraus. Wir biegen nach rechts ab und folgen der ruhigen Straße bis zur Oderfähre, die uns nach Pomorsko führt. Wir folgen dem Oderlauf rechtsseitig auf der Straße 278 mit wenig Verkehr, stoßen auf die 276 nit mäßigem Verkehr immer in Richtung Krosno Odrzańskie. Einen kleinen Umweg machen wir noch einmal zur Oder nach Gostchorze auf der sehr ruhigen Straße, die in einer starken Steigung endet. Sehenswert sind die hinterlassenen Grabsteine am (möglicherweise) ehemaligen Friedhof des Ortes.
Krosno Odrzańskie: Der Ort hat rechts des Oderlaufs solide Steigungen zu bieten. Rechts der Oder sind eher Einkaufszentren und Wohngebiete. Wir überqueren die stark frequentierte Brücke und gelangen an einen kleinen Sporthafen mit Gastronomie und Hotel. Hier ist es wieder schön eben. Dem Straßenverlauf müssen wir noch ein paar Kilometer folgen, um dann nach rechts in Richtung Stary Raduszec auf ruhiger Straße abzufahren.
Tipp: Wer sich entschließt, Richtung Norden weiterzufahren, sollte spätestens die Fähre nach Polecko nehmen und der Straße bis zur nächsten Oderbrücke bei Słubice folgen.
Vor Wezyska geht es auf die noch gut befahrbare Piste bis Chlebowo. Im Ort führt eine befestigte Straße nach rechts nach łomie. Die gedruckten Karten spiegeln hier möglicherweise nicht die Realität wieder. Die Straße vor dem Ort nach rechts (unsere Route) ist fahrbar, aber Piste. Dem Straßenverlauf folgend, erreichen wir noch vor dem Ort Kosarzyn den Campingplatz Nad Borkiem am See Borek. Der Platz eignet sich zum entspannen, für Wanderungen zur Neißemündung (2km) oder um den See mit Möglichkeit zum Biber-Watching. Gastronomie ist vorhanden. Die nächste Einkaufsmöglichkeit ist allerdings erst wieder in Żytowań möglich.
Weg zur Neißemündung:
Man nehme im Dorf Kosarzyn an der Kreuzung dem nach rechts abgehenden, nicht beschilderten Weg, folgt diesem einen Kilometer über Sandpisten nahe der Neiße. Zum Radfahren ist der Weg nicht geeignet. Das hält die einheimische Jugend allerdings nicht davon ab, sich mit ihren Autos hier durch zu quälen, um an der Mündung zu zelten.
Hier angekommen, kann man zwar mit den Touristen gegenüber am Ratzdorfer Pegelhäuschen plaudern, rüber kommt man am Ende erst wieder im etwa 15 km südlich gelegenen Gubin. Die Landstraße dorthin ist gut zu befahren. Am Ortseingang von Gubin führt ein Radweg nach rechts nahe der Oder bis zur Stadtbrücke nach Guben. Hier trifft man dann auch wieder auf die vielen Radwanderer am Oder-Neiße-Radweg.
gesamter Track als gpx
Kommentare:
17. April 2016, Gerd Matuszek sagt:
Hallo,
vielen Dank für die lebendige Schilderung Ihrer Radtour, die ich mit großem Interesse gelesen habe. Zu meinem Erstaunen gibt es bzgl. dem polnischen/tschechischen Teil der Oder im Netz so gut wie keine Schilderung von Radtouren. Sehr schade. Vermutlich dauert es auch noch etwas, bis in Polen und Tschechien das Radwandern direkt an Flüssen entdeckt wird.
Im Juni 2016 plane ich eine Radtour von Oppeln über Ratibor nach Ostrau, v.a. auch auf den Spuren der Familiengeschichte. Bin schon sehr gespannt…
Ihre Reiseblogs sind insgesamt sehr interessant, da Sie oft in Osteuropa unterwegs sind, was auch meine bevorzugte Reiseregion ist. Bei Lemberg habe ich viel wieder erkannt, dieses Stadt ist einfach wahnsinnig fotogen und zum Glück noch nicht so von Touristen gestürmt wie Prag oder Krakau.
Grüße aus dem Rheinland
6. Februar 2016, Barbara Moreno sagt:
Vielen Dank für die Informationen über den Oderradweg. Ich bin unsicher ob ich das schaffe zusammen mit meinen Freund, ich möchte deswegen einige Frage stellen: Wie schwer oder hart ist der Radweg ins gesamt? Ich
habe nicht so eine gute Condition an Ausdauer und Muskulatur und bei Steigung
bin schnell erschopf. Wie oft sind die Steigungen und wie schwer?
Ich würde sehr dankbar sein wenn Sie mir eine Antwort geben…
Mit Danke in voraus
Frau Moreno.
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