Belarus (4) Tanztheater

Überlege aufzustehen. Die Entscheidung wird mir abgenommen. Acht Uhr wird die Bude voll. Eine Horde angehender Programmierer aus aller Herren Länder legt sich schlafen. Gehe mir ein überdimensioniertes Hörnchen holen und frühstücke.

Als ich raus gehe, liegt die Stadt noch im Nebel. Motive suche ich an der Memel, hier Neman. Eine alte Galeere, steht zumindest drauf, wartet auf mich. Das erste Schiff vor meiner Linse, dass einen Mittelstreifen hat. Um die Stadt auf den ersten Blick ansehnlich zu machen, hat man einer verlassene Fabrik einfach Planen mit Fensteroptik verpasst. Abreißen war wohl keine Option. Immer mal kommt die Sonne raus. Sie sieht der Ort gleich noch ansehnlicher aus.

Gehe zum Busbahnhof. Fange an, meine Schokolade an Bettler zu verteilen. Will mir eine Fahrkarte für die Rückfahrt kaufen. Geht nicht. Habe keinen Pass dabei. Komme das erste Mal mit der Staatsmacht in Konflikt, als ich ein Hausnummenschild fotografiere, was wohl was militärisches ist. Entschuldige mich. Überhaupt haben die Straßen hier noch die guten alten Namen. Gut, Stalin ist jetzt nicht mehr dabei.

Komme im Hostel gut mit den Programmierern ins Gespräch. Habe mir noch einige Motive vorgenommen, bevor es dunkel wird. Die Feuerwache, Synagoge, altes und neues Schloss. Am Abend werde ich feststellen, dass ich mindestens 90% der Sehenswürdigkeiten (Dostoprimetschatelnostie) zumindest von außen gesehen habe.

Genehmige mir einen Museumsbesuch. Eine Fahrradausstellung mit alten italienischen Rädern. Teilweise mit Seitenrädern dienten sie als Sattlerei, Arztgefährt, Feuerwehr oder Puppenbühne. Warum haben die sich noch dauerhaft durchgesetzt?

Bereite mich auf den Abend vor. In dem tollen Klotz namens Dramaturgie Theater spielt  Музыкальный театр «РАДА» . Ist halt Folklore. Für mich ein bisschen viel Playback. Werde zum Tanzen genötigt. Lehne ab. Andere Zuschauer sind begeistert und springen mit auf der Bühne rum. Dauert zum Glück nicht ewig. Kinder werden mit Blumen auf die Bühne geschoben. Nach der Vorstellung nehmen die Künstlerinnen ihre eigenen Kinder wieder in Empfang.

Gehe in meine Stammkneipe, dem Pub 32. Ist direkt bei mir um die Ecke. Werde neben einer wirklich schönen, sehr jungen Frau platziert. Kommen ins Gespräch. Merken, dass unsere gegenseitigen Sprachkenntnisse zu rudimentär sind, um uns gescheit zu unterhalten. Erzähle ihr vom Besuch in der Ukraine. Sie zeigt mir eine Kettchen mit der Aufschrift „Lviv“. Fragt mich, ob mir das nicht zu gefährlich gewesen  wäre in der Ukraine, also jetzt im Gegensatz zu Weißrussland. Versuche ihr zu erklären, warum ich hier bin. Frage sie in dem Zusammenhang, ob ich von ihr  ein Foto machen könnte. Sie lehnt freundlich ab und ist dann auch weg. Beim Hinausgehen spricht mich eine junge Frau an. Meint, mich von früher zu kennen. Haben aber keinen Ort gefunden, an dem wir gleichzeitig zugegen waren. Sitze noch bis zwei mit einem Türken im Hostel, um  die Weltpolitik zu besprechen. Eigentlich Schade, gerade jetzt abreisen zu müssen.

1 Kommentar zu „Belarus (4) Tanztheater

  1. Wirklich schade. Wolltest gerade noch die Welt retten, und dann musstest du schon wieder zurück nach Hause. Aber Mittelerde, äh Mitteldeutschland freut sich schon auf deine Fotos und auf interessante Geschichten dazu. Also, komm gut heim!

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